Du hast gerade erfahren, dass du schwanger bist? Du hast die Hälfte dieser aufregenden Zeit gemeistert? Oder das letzte Trimester hat begonnen und so langsam fällt dir der Alltag schwerer oder im Gegenteil, du bist bereit die sprichwörtlichen Bäume auszureißen?

Egal, in welcher Phase deiner Schwangerschaft du dich befindest, du darfst dich weiterhin sportlich bewegen! Lass dich dazu immer individuell von deiner Fachärztin / deinem Facharzt beraten und hole dir fachlich kompetente Anleitung und Unterstützung im Training!

Vielleicht stellst du dir die Frage, wie du dein Sportprogramm in den einzelnen Trimestern anpassen kannst, um sicher und unterstützend zu trainieren. Oder du möchtest die Zeit der Schwangerschaft ganz bewusst gestalten und die Themen Ernährung, Sport und Entspannung neu in deinen Alltag integrieren. In einer komplikationslosen Schwangerschaft wirken sich allgemeine Bewegung und Sport positiv auf Körper, Geist und Seele und auf die Entwicklung des Kindes aus. Ein bewegter Alltag und ein angepasstes Training steigern dein Wohlbefinden auf allen Ebenen :

  • helfen eine starke Gewichtszunahme zu vermeiden
  • beugen durch die Schulung der aufrechten Körperhaltung orthopädischen Problemen vor
  • verbessern die Insulin- und Glukoseausnutzung (Prophylaxe für Schwangerschaftsdiabetes)
  • stärken die tiefe Rumpfmuskulatur mit dem wichtigen Teamplayer Beckenbodenmuskel
  • wirken positiv auf das Bindegewebe (Prophylaxe zur Entstehung von Hämorrhoiden und Krampfadern)
  • anregend für das Immunsystem und die Vitamin D 3 Produktion wirkt die Bewegung an der frischen Luft
  • beeinflusst positiv die emotionale und mentale Belastbarkeit (Stressmanagment)
  • erleichtern nachweislich das Geburtserleben
  • verbessern die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Kindes während der gesamten Schwangerschaft
  • erleichtern den Einstieg postnatal in den Rückbildungprozess

Wichtig ist in jedem Trimester, dass du sensibel auf dein Befinden achtest, dich nicht überanstrengst und das Verletzungsrisiko minimierst. Trainingseinheiten bis zur Belastungsgrenze und darüber hinaus gehören zunächst der Vergangenheit an und dürfen gerne nach der Rückbildung wieder langsam aufgenommen werden.

Um dich zu unterstützen und zu motivieren, schauen wir uns die einzelnen Trimester unter dem Aspekt der körperlichen Veränderungen, die Einfluss auf das Training haben, genauer an. Wie verändert sich dein Körper und wie gestaltest du jetzt am besten dein Bewegungsprogramm, um den größten Benefit für dich und dein Baby zu erzielen?

Das erste Trimester (die ersten 13 Wochen):

Die sensibelste Zeit der Schwangerschaft, da in den ersten 14 Wochen die komplette Organanlage stattfindet und mit Beginn der 14.SSW der Embryo mit allem ausgestattet ist, was er als kleiner Mensch braucht.

Im ersten Trimester sind es hauptsächlich die hormonellen Einflüsse, die die Veränderungen im Körper bewirken. So beginnt bereits ab der 5. – 6.SSW die Umstellung des Herz- Kreislaufsystems, was zu niedrigem Blutdruck und Schwindelgefühl führen kann. Das Blutvolumen nimmt zu und es tritt ein „Verdünnungseffekt“ ein, so gelangt das Blut leichter zur Plazenta und die Versorgung des Embryos ist sichergestellt. In Folge dessen steigt der (Ruhe)Puls, was als unangenehmes Druckgefühl im Brustbereich wahrgenommen werden kann. Die Sauerstoffversorgung des Babys findet über das mütterliche Blut statt. Dieser zusätzliche Sauerstoffbedarf kann sich bei körperlicher Belastung durch leichte Atemnot bemerkbar machen. Das Schwangerschaftshormon HCG wird zunächst von der Blastozyste, ab der 16.SSW in der Plazenta, gebildet und hält die SS aufrecht, darauf reagieren einige Frauen mit Müdigkeit, Übelkeit und empfindlichen Brüsten. Weiterhin können die hormonellen Veränderungen zu einer Lockerung der Sehnen und Bändern führen. Diese Lockerung ist notwendig, um ausreichend Platz für das wachsende Baby zu schaffen, geht aber ebenfalls mit einer erhöhten Verletzungsgefahr einher.

Darauf musst du jetzt achten :

  • Sportarten wie Marathon und Triathlon, Skifahren, Reiten, Tennis, Squash, Handball, Basketball, Fußball, Geräteturnen, Inlineskaten, Mountainbiken, Klettern, Crossfit und Joggen auf holprigem Untergrund sind jetzt nicht mehr geeignet!
  • Reduziere die Dauer und Intensität , kürzere, moderate Einheiten stellen sicher, dass du dich nicht überanstrengst!
  • Hör auf deinen Körper und lege Pausen ein, im Training, aber auch im Alltag!
  • Es versteht sich von selbst, dass du das Training abbrichst, wenn du dich müde und / oder unwohl fühlst.
  • Vermeide Sprünge und ruckartige Bewegungen!
  • Vermeide im Bauchmuskeltraining alle Übungen für die gerade Bauchmuskulatur (Gefahr der Rektusdiastase),trainiere die schräge Bauchmuskulatur und beziehe die Beckenmuskeln mit ein.
  • Unterstützend für die Umstellung des Herz – Kreislaufsystems, des zusätzlichen Sauerstoffbedarfs und für die Psyche wirkt jetzt die sportliche Bewegung im Wasser (Schwimmen, Aquafitness) und viel Bewegung an frischer Luft.
    Moderates Walken und leichte, kleine Wanderungen bis 2000 Höhenmetern können auch bei Müdigkeit und Stimmungsschwankungen helfen.
  • Um jetzt schon Haltungsproblemen entgegen zu wirken empfehle ich dir sanfte Asanas aus dem Yoga, moderates Stabilisationstraining, und funktionelles Training.

 

Das zweite Trimester (Woche 14 bis 26):

Für viele Schwangere die schönste und genussvollste Zeit der Schwangerschaft.

Im zweiten Trimester haben die Hormone sich weitestgehend stabilisiert. Das Blutvolumen nimmt weiter zu und der Bauch und die Brüste beginnen zu wachsen. Dadurch verschiebt sich der Körperschwerpunkt nach vorne. Um das Gleichgewicht zu halten, neigen Schwangere dazu, sich beim Stehen und Gehen nach hinten zu lehnen. Das begünstigt muskuläre Dysbalancen im Rücken (Rückenschmerzen). Die Bänder und Sehnen werden lockerer, was die Gelenkstabilität negativ beeinflussen kann.

Darauf musst du jetzt achten :

  • Joggen sollte jetzt reduziert oder zu Gunsten von Walken bis mindestens sechs Monate nach der Geburt aufgegeben werden!
  • Passe die Dauer und Intensität des Trainings an und vermeide jede Form von Überanstrengung.
  • Trainiere in kurzen, moderaten Einheiten mit Pausen im Training und zwischen den Trainingseinheiten.
  • Beim Heben und Tragen gilt die 5 Kilo Grenze, um den Beckenboden zu schonen.
  • Das Risiko von ungünstigen Gelenk- und Beckenbodenbelastungen auf Grund der hormonellen Veränderungen und des steigenden Gewichts nimmt zu.
  • Jetzt ist es besonders wichtig auf eine gute Körperhaltung zu achten.
  • Die Ausdauersportarten Walken, Schwimmen, Fahrrad fahren (möglichst mit einem feststehenden Fahrrad, um das Verletzungsrisiko zu minimieren) sind weiterhin positiv für Körper, Geist und Seele.
  • Angepasstes Mobilisation-, Kraft- und Gleichgewichtstraining wirken ebenfalls unterstützend.
  • Im Training wird der Schwerpunkt auf die Kräftigung der (tiefen) Rücken- und Rumpfmuskulatur gelegt, um die Balancefähigkeit zu fördern und das muskuläre Gleichgewicht zu erhalten.
  • Das „mehr“ an Gewicht macht sich auch bei den Füßen bemerkbar. Die Füße können größer und breiter werden, darum passe deine Schuhe an. Barfußlaufen belebt und massiert deine Fußsohlen und stärkt das Fußgewölbe (Plattfüße). Achte unbedingt darauf, den kompletten Fuß von der Ferse bis zu den Zehen abzurollen, damit das Körpergewicht auf den kompletten Fuß verteilt wird.
  • Achte auf einen gut sitzenden (Sport) BH, der das Bindewebe stützt und den Rücken entlastet.

 

Das dritte Trimester (Woche 27 bis 40) :

Auf der Zielgeraden!

Das Blutvolumen erreicht zwischen der 30.SSW und der Geburt das Maximum und beträgt 50% mehr als vor der Schwangerschaft. Maßgeblich ist dabei der höhere Flüssigkeitsanteil. Demzufolge vergrößert sich das Herz, es schlägt schneller und befördert pro Schlag mehr Blut. Durch den wachsenden Bauch wird das Zwerchfell nach oben in den Brustraum gedrängt und die Ausdehnungsfähigkeit der Lunge wird zusätzlich eingeschränkt. Die leichte Kurzatmigkeit bessert sich ab der 36.SSW, wenn der Bauch sich leicht senkt. Der Körperschwerpunkt verlagert sich zunehmend vor das Becken, das Becken wird wird vorne hoch gezogen und der Oberkörper nach hinten geneigt. Bei dieser Körperhaltung wird die LWS (Lendenwirbelsäule) verstärkt gekrümmt und die HWS (Halswirbelsäule) nach vorne geneigt. Die Mehrbelastung bestimmter Muskelgruppen äußert sich in den schwangerschaftstypischen Rückenschmerzen und bereits vorgeschädigte Gelenke können überlastet werden.

Darauf musst du jetzt achten:

  • Passe die Dauer und Intensität weiter an, ggf. musst du reduzieren.
  • Plane Pausen zwischen den einzelnen Trainingssequenzen und den wöchentlichen Trainingseinheiten ein.
  • Gestalte deine Ganzkörperworkouts ohne zusätzliche Gewichte.
  • Spätestens im dritten Trimester ist die Kräftigung des Beckenbodens im Training zu beachten.
  • Der Schwerpunkt liegt jetzt auf der Mobilisation des gesamten Körpers.
  • Am Anfang des dritten Trimesters können  Mobilisation- und leichte Kräftigungsübungen für die tiefe Rumpfmuskulatur die Rückenschmerzen lindern.
  • Atem- und Entspannungstechniken aus dem Geburtsvorbereitungskurs (ab der 25.SSW) helfen dir, dich auf die Geburt vorzubereiten.
  • Etwa ab der 36.SSW fällt das Stehen und Gehen immer schwerer. Lass dir Zeit bei allem was du tust! Aber bleib in Bewegung!
  • Nutze die letzten vier Wochen bis zur Geburt für tägliche Spaziergänge, so wie es dir gerade gut tut, und entspannendes, leichtes Mobilisationstraining und Stretching für den gesamten Körpers.
  • Gönn dir nochmal eine Extraportion Ruhe und tanke Kraft für die bevorstehende Geburt.

 

Foto von Alicia Petresc auf Unsplash